Doch Dach – denn im Thurgau steigt der Leerstand an Mietwohnungen kontinuierlich. Hurra, der Wohnungsmarkt richtet es (oder sich!) doch selbst?
Ha! Man könnte das Thema Wohnungsnot ja nun wirklich wunderbar nutzen, um auf die deutsche Bundes-CDU seit Kohl einzuprügeln (der mit Schäuble damals gemeinsam den sozialen Wohnungsbau abbaute!). Auch unter Schröder und seeehr lange unter Merkel durfte die Wohnungsmisere in Deutschland weiterwachsen – also die Baukosten und die Mieten wuchsen, nicht der notwendige Baubestand!
Aber was hat bundesdeutsche Politik mit dem Wohnungsdilemma in Vorarlberg und der Ostschweiz zu tun? Wenn nämlich das Problem seeübergreifend, ja, quasi international dasselbe ist, versagen halt alle Politiker aller Farbschattierungen seit Generationen. Konsequenz: Kein Dach im DACH-Raum.
Jedoch: „Leere Wohnungen im Thurgau: Tausende Mieter gesucht“, schlagzeilte erst jüngst vor Angst und Freude gleichermaßen zitternd die Thurgauer Zeitung. Man reibt sich verdutzt die Augen: Um satte 23 Prozent ist die Zahl leerstehender Wohnungen im Thurgau innerhalb eines einzigen Jahres gestiegen – von 2.598 auf 3.212, ein „15-Jahres-Hoch“. Eine ganz andere Erhebung kann jeder selbst machen, indem er sich im Internet Vergleichsorte heraussucht: etwa das jeweils regionale Bermatingen in CH und Bermatingen in D. Oder Konstanz und Kreuzlingen City: Auf der deutschen Seite werden gerade mal drei 3- bis 4-Zimmerwohnungen feilgeboten, im ungefähr viermal so kleinen Kreuzlingen dagegen 150! Und so gleichen sich im deutschen Notstandsgebiet und in der „teuren Schweiz“ die Mieten bereits an. Will heißen: Die deutschen Mieten steigen extrem …
Schuld am Leerstand im Thurgau ist denn auch „die seit Jahren hohe Bautätigkeit“. Weil in der Schweiz – im Gegensatz zum eigenheimhäuslebauenden Oberschwaben – viele neue Mehrfamilienhäuser gebaut werden, handelt es sich bei 85 Prozent der leerstehenden Wohnungen um Mietobjekte, davon besonders oft solche mit drei oder vier Zimmern.
Noch drückt das nicht allzu sehr auf die Mietpreisentwicklung im Thurgau, denn der Trend verlangt gleichzeitig nach mehr Raum pro Bewohner (siehe dazu übrigens auch unsere Architektur-Rubrik seeraum in dieser Ausgabe). Der Markt richtet es auf jeden Fall auch noch nicht selbst, wie liberale Wirtschaftswissenschaftler gerne zu beruhigen versuchen: Denn solange es Geld für Quasinull gegen Sicherheiten in Beton gibt und sonst nirgends lukrative Anlageoptionen Investoren locken, ist Betongold immer noch verheißungsvoll, selbst bei Leerstand. Kost ja fastnix!
Und wenn man die Bautätigkeit in der Schweiz, die der Entwicklung am deutschen und österreichischen Ufer mindestens zehn Jahre vorauseilt, zugrunde legt, darf man getrost weiterhin davon ausgehen: So viel bauen, dass Wohnen billiger wird, kann man gar nicht. Und das ist der eigentlich größte Dach-Schaden!
Markus Hotz, Herausgeber
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