D – Baienfurt | Markus Zink ist Zauberkünstler, Zaubercoach, Autor und Dozent. Er ist witzig und chaotisch, und er ist ganz sicher ein bisschen durchgeknallt, auf eine wunderbar spielerische, leichte, verträumte und herzerfrischend sympathische Art. Ende April wird er mit dem Kleinkunstpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet.
akzent: Herr Zink, wie wurden Sie Zauberer?
Markus Zink: Angefangen hat alles mit dem YPS-Heft. Die Zeitschrift mit Gimmik. Da waren neben Urzeitkrebsen und Eierbaumzucht eben auch Zaubertricks drin. Dann kamen die Zauberbücher, genauer gesagt zwei, aus der Dorfbücherei Baienfurt. Da war ich Dauerausleiher, die habe über die Jahre nur ich gelesen. Und schließlich Hardys Zauberspiele – mein erster Zauberkasten, mit Fix- und Fertigtricks und lustigen Reimen. Seitdem, das ist 35 Jahre her, ist die Zauberkunst meine Liebe, die all meine anderen Liebesbeziehungen überlebt hat. Daneben war ich als Kind und Jugendlicher hingebungsvoll Feuerspucker, Jongleur, Einradfahrer und mittelmäßiger Schauspieler in der Theater-AG des Gymnasiums Weingarten.
akzent: Wo sammelte der kleine Zauberer Markus Publikumserfahrung?
Markus Zink: Auf Familienfeiern und Schulfesten. Meine ersten bezahlten Auftritte waren beim Tag der offenen Tür der Bundeswehr und beim Familientag der CDU. Dann wurde ich Blumenkind und zauberte in den Fußgängerzonen, von München bis Paris.
akzent: Gab es je eine berufliche Alternative?
Markus Zink: Den Beruf suche ich bis heute. Die Zauberkunst ist nicht mein Beruf, sondern Liebe, Leidenschaft und Hingabe. Sie ist mein Weg, meinem Publikum meine Geschichte, meine Träume, Gedanken, Weltsichten anzuvertrauen.
„Dass ich damit Geld verdiene – fast ungerecht.“
akzent: Sie zaubern ja eigentlich nie einfach nur „normal“…
Markus Zink: Ich wollte ursprünglich Clown werden. Ich fand Grock und Charlie Rivel immer ganz groß. Schaute das auf VHS-Video hunderte Male. Dann kamen die Fools: Jango Edwards, Eisi Gulp, die Verrückten von Pidgon Drop. Diese Wildheit, diese Freiheit, diese Anarchie – die habe ich bewundert. Das wollte ich auch. So entstand irgendwie diese Beziehung aus der Zauberkunst, mit ihren Tricks und dieser poetisch-verrückten Welt. Ich bin schon als 17-Jähriger beim Schulfest nackt aufgetreten und habe Rasierklingen gegessen. Das war meine Form, mich pubertär zu entfalten. Ja und irgendwie bin ich bis heute nicht erwachsen geworden.
akzent: Wo doch technisch heute alles möglich ist – wie beeindrucken Sie Ihr Publikum dennoch live auf der Bühne?
Markus Zink: Ach, das Livehaftige klappt Gott sei Dank immer noch. Es gibt zum einen diese gigantische Event-Zauberei, wie sie Copperfield oder die Ehrlich Brüder machen. Und zum anderen die direkte, nahe, handgemachte Zauberkunst, die von Geschichten, Bildern und eben einem verrückten Zauberer handelt. Da bin ich noch lange nicht am Ende der Reise. Eine magische Bilderrevue, die Gänsehaut zaubert, die weinen und lachen lässt. Alles ganz still, unaufgeregt, menschlich. Kein Showbusiness, kein Getue, kein eitel Scheinwerferschein – ganz echt, pur, aufs Wesentliche reduziert. Das schwebt mir vor.
akzent: Was unterscheidet Sie von anderen Zauberern?
Markus Zink: Bei mir geht es ja weniger um die Tricks. Die Frage, wie geht das, dieses Rätselraten hat mich nie so interessiert. Ich wollte immer eher eine magische, zauberhafte Welt kreieren, mit einer wundersamen Atmosphäre. Da bin ich mehr vom poetischen Kino oder Circus geprägt.
akzent: Wie wichtig ist das Publikum für Ihre Zauberkunst?
Markus Zink: Natürlich wichtig. Zaubern ist ein kommunikativer Liebesakt zwischen Bühne und Publikum. Und wenn sich diese beiden Seiten verbinden, man verschmilzt, aufhört zu denken, nur noch fühlt, auf der Bühne, im Publikum, dann ist es wie gemeinsam Liebe machen. Nicht die großen Tricks sind das Geheimnis, sondern der Mensch dahinter.
akzent: Was zaubern Sie am liebsten?
Markus Zink: Ich mag die vielen Facetten. Ich steche mir gerne ein Auge aus oder schiebe mir ein Ofenrohr durch den Bauch. Genauso mag ich aber auch das stille, magische, wie die Verwandlung eines Tuches zu rotem Schnee oder den schwebenden Ball, der zu meinem Kopf wird.
akzent: Sie bekommen Ende April den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg überreicht. Mehrwert oder Ehre?
Markus Zink: Ach, es freut einen. Ich will da nicht so viel reindenken, ich will frei bleiben und unabhängig weiter zaubern, experimentieren, rumprobieren. Nicht fertig sein, im Prozess bleiben, weiter suchen, fragen. Jeden Auftritt wichtig nehmen, ob es jetzt die Preisverleihung im Capitol in Mannheim, der private Wohnzimmer-Zauber oder ein Auftritt im kleinen Theater ist. Jeder Auftritt ist es wert, ihn mit Herz und Seele zu machen. Gut, das Preisgeld nehme ich gerne, um endlich meine Schulden zahlen zu können.
Das Interview führte Susi Donner