„WAAAAAS? Schau mal, so viel Geld für das bisschen Essen wollen die? Da koche ich zu Hause ja viiiiel besser und vor allem deutlich günstiger!?!“

Wer hat diesen mit Nachdruck ausgebrachten „Toast“ am Esstisch eines beliebigen Restaurants rund um den großen Teich nicht schon mal gehört (natürlich nuuur am Nachbartisch, versteht sich)???

Ja da ist schon was dran. Essen im Restaurant hat preislich ziemlich zugelegt; dazu die Dienstleistung abgenommen; Tage deutlich reduziert, Öffnungszeiten minimiert, Karten abgespeckt – aber „Preise haben die mittlerweile?!“  Jahrzehnte „Geiz ist geil“ und unterbezahlte Mitarbeiter in Deutschland brachten am Ende eine ganze Branche in die Bredouille, während in einkommensschwächeren Staaten (meist südlicher!) wertschätzend bezahlt und genossen wurde. Und ja, dann kommt es meist, das Hohelied auf die eigenen Kochkünste.

Jamie Oliver sei Dank, kann man ja mittlerweile die einfachen und ehrlichen Italoklassiker auch selbst ziemlich authentisch zubereiten und vor allem will man(n) gerne in der während düsteren Coronazeiten komplett neu umgestalteten Top-Küche in den eigens angeschafften sündteuren Edel(stahl)töpfen oder der total angesagten Guss-Retro-Kasserolle herumrühren. Nicht nur zeigen, was man kann, sondern auch hat. Also wird die unzufriedene Schlemmer-Truppe kurzerhand zu nächster Gelegenheit an den heimischen Herd gelockt; zusammen gesellig Zwiebeln schnibbeln, das dann freilich doch nicht – ist irgendwie ehren„rührig“ –, aber um die Kochinsel stehend schon mal den „Kochwein“ verkosten (also nicht der zum Kochen, sondern der „zum“ Kochen), das geht allemal.

Hausherr und Hausherrin haben schließlich auch viel Aufwand in dieses repräsen„table“ Menü gesteckt – „mehr als drei Gänge will man ja so spät auch nicht, gell?!“ – und sind Tage zuvor eigens beim Metzger, Hofladen und Wochenmarkt vorgefahren, haben Weinempfehlungen durchgetestet und das Edelwasser (sowie das Edelwässerchen) schon mal kaltgestellt. Mit dekorativer Tisch-Zauberei – das gute Geschirr muss ja auch mal wieder … – wurde der extra freigenommene halbe Tag verbracht. Und dann trudeln die 6 Mitesser langsam ein, die Runde wird geselliger, und während es in Töpfen zu schmurgeln beginnt, Salate bereits angemacht im Designerschüsselchen auf selbstgerührte Vinaigrette warten, sogar im Ofen Betriebstemperatur erreicht ist, macht man sich langsam – sehr langsam – an die Tafel, denn der erste Gang wird schon aufgetragen.

Die Vorspeise, meist was „Einfacheres“, was man schon früh am Tag vorbereitet hat – jaja, man kennt sich ja schließlich aus – und auch die Veganerin ist selbstredend berücksichtigt; das Dressing ohnehin lactosefrei und überhaupt, alles regional und heimisch. So steigert sich die illustre Runde zum Hauptgang, der gut eine Stunde später auf dem Teller dampft – noch schnell die bunten Trockenblüten drüber, Mensch fast vergessen, aber das Auge isst ja bekanntlich mit. Und als Dessert dann bloß nix Üppiges, „Eis geht ja bekanntlich eh immer“ und mit ’nem kleinen Schuss des guten Regionalen wird’s einem auch gleich warm ums Herz.

Schon? Der ganze Abend beginnt um 17.30 – „Wer will denn noch spät essen?“ – und endet um 23.00 – „Bloß kein Espresso mehr um die Zeit!“ Und für das Ganze haben die „Gastgebers“ mal eben volle zwei Tage investiert!

Dasselbe im Restaurant, dazu noch 30 andere Gäste drumrum. Am Tisch will jede/r was anderes, dazu ein: „Können Sie bitte die Petersilie weglassen und meine Frau ist Vegetarierin, vielleicht lieber die Vorspeise aus dem Menü – ach und wir wollten dann noch ins Theater, vielleicht könnten Sie ja?“…

Genau: Sie können fast immer! Diese Gastronomen. Sie können zeitgleich servieren, egal wie wild durcheinander die Menüfolge am Tisch bestellt wurde, ’nen passend gewählten Wein aufmachen, das Wasser (für die einen mit, die anderen ohne) einschenken, das Ganze noch zu Unzeiten und natürlich in kürzester Zeit und dabei freundlich lächeln.

– selbst wenn sie sich dabei mit anhören müssen: „Also zu Hause, zu Hause könnte ich DAS ja viel besser und so viel günstiger“ …

Manche bleiben wirklich (b)esser zu Hause …

Markus Hotz,
Herausgeber

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Beitragsbild: (c) Mirjam Schultheiß