Der Juni ist traditionell der Monat des „Tags der Architektur“. Jedes Jahr gibt es an diesem Tag in ganz Baden-Württemberg Führungen, Exkursionen und offene Türen. Zumindest auf Letzteres müssen wir dieses Jahr coronabedingt verzichten, aber die Architektenkammern bemühen sich, pandemiekonforme Angebote zu machen.

Tag der Architektur    

Der Tag steht dieses Jahr unter dem Motto „Architektur gestaltet Zukunft“. Das ist ein Aspekt, der die Architektur von den anderen wichtigen Bereichen der Gestaltung unterscheidet: Die Werke der Automobil-, Produkt- oder Modedesigner kann man entweder übersehen, wenn sie dem eigenen Geschmack nicht entsprechen, oder sie spielen in ein paar Jahren keine Rolle mehr und werden vergessen. Die Kreationen der Modeschöpfer sind nach einer Saison schon aus der Mode, und die meisten Automodelle „müssen“ nach fünf bis acht Jahren schon durch ein Nachfolgemodell ersetzt werden – zeitlos schöne Automodelle gibt es heute kaum noch.    
Bei der Architektur ist es anders: Es wird normalerweise so gebaut, dass es mehrere Generationen lang hält, wenn es nicht ausdrücklich als Provisorium geplant ist – und auch Provisorien können lange halten. Aber auch und gerade beim Wohnungsbau wird oft so massiv gebaut, dass eine spätere Nutzungsänderung kaum möglich ist, wenn sich die Wohn- und Lebensbedürfnisse mal ändern.

Aus der Forderung, nachhaltig zu planen, ergibt sich für die Gebäude: Häuser müssen gut altern können. Das heißt nicht nur, dass es möglichst wenige durch die Benutzung notwendige Reparaturen geben soll, sondern auch für die Form, dass sie auch nach zwei, drei Jahrzehnten ansehnlich sind. Bei vielen Bauten aus den 80er-Jahren denkt man ja eher so: Oh je, das hat die Generation vor uns mal schön gefunden?!

Informationen über die Angebote zum Tag der Architektur:
www.akbw.de/baukultur/26-tag-der-architektur-2021

Singen, 21 Jahre später

KletterturmHohentwiel | LGS-Gelände_Singen

Als ob wir es geahnt hätten: Nach dem Seeraum-Artikel vom April mit dem Gelände der Landesgartenschau in Singen spielt dieses auch beim Tag der Architektur eine zentrale Rolle, zumindest im Landkreis Konstanz: Die Kammergruppe Konstanz bietet eine Exkursion nach Singen an, um 21 Jahre danach zu schauen und zu zeigen, wie die Anlage sich entwickelt hat und wie sie von der Bevölkerung angenommen wird. Der Stadtrundgang beginnt am Bahnhofsvorplatz, der von dem „Konsum-Tempel“ CANO dominiert wird, und geht durch die Innenstadt zum ehemaligen Gartenschau-Gelände.  Den Namen „Landesgartenschau“ trägt heute nur noch die Seehas-Haltestelle bei den Museen MAC 1 und 2, der Park selbst heißt heute einfach Stadtgarten. Die Kunstwerke haben sich gut in den Park integriert, bei manchen Objekten ist aber nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob sie nur der kulturellen Erbauung oder auch praktischen Zwecken dienen. Da steht eine runde, konische Skulptur aus vielen Holzstangen, die oben ein Loch lassen (geometrisch ein Kegelstumpf) – von innen erinnert das etwas an die Bruder-Klaus-Kapelle von Peter Zumthor in der nördlichen Eifel. Schließlich gibt sich das Objekt als Teil des Spielplatzes im Stadtgarten zu erkennen.

NABU-Haus ausgezeichnet  

Über die Eröffnung des NABU-Bodenseezentrums im Oktober 2018 haben wir in dieser Rubrik schon berichtet. Für das Architektenpaar Jutta Braun und Christian Müller war es ein Heimspiel, den Bau am Rand des Gewerbegebiets Göldern zur angrenzenden „Wildnis“ zu entwerfen. Das Gebäude wurde jetzt mit einer Anerkennung ausgezeichnet, die weder von einem Architektenverband noch von einem der für Architektur zuständigen Ministerien (Bau, Wirtschaft, Kultur) verliehen wurde, sondern vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Bei der Auszeichnung ging es denn auch um das „Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen“, und dabei ist das Naturschutzzentrum tatsächlich vorbildlich: Der ganze Bau, einschließlich Außenverkleidung und Inneneinrichtung, ist aus einheimischen Hölzern, vor allem Weißtanne. Der Baustoff Holz ist zwar ökologisch, er wird aber inzwischen so viel verwendet, dass die Natur mit dem Nachwachsen kaum nachkommt.
www.nabu-bodenseezentrum.de,
www.braun-mueller-architekten.de
    

Text + Fotos: Patrick Brauns

Beitragsbild: Kletterturm im Stadtgarten Singen